Die Wortwahl „neue Normalität“ will uns dazu verführen die Einschränkungen durch das neue Corona-Virus Sars-cov-2 als „normal und alltäglich“ zu empfinden. Auf subtile Weise sind wir von einer kurzfristig angelegten „Achtsamkeitsübung“, zur Vermeidung von Ansteckungen mit dem neuen Corona Virus, in einem andauernden Ausnahmezustand gelandet. Das dramatische daran ist, wir lernen mit Doublebinds (ein Begriff aus der Psychologie), doppelten Botschaften zu leben. Es gibt die verbal vermittelten Botschaften von Politikern, wir möchten uns bitte mit Alltagsmasken und Abstand weiterhin ganz normal verhalten und solidarisch sein… In Supermärkten, Einkaufszentren und Gaststätten stehen Schilder mit Doublebindbotschaften: „Bleibt auf Distanz aber seid euch nah…“oder „Mit Abstand und Maske seid ihr mir am liebsten“… oder, wie in einem großen Modehaus per Lautsprecher mit der Schlussbotschaft…„und vergesst nicht, wir sind uns im Herzen nah…“
Doublebinds wirken destruktiv und verwirrend! Verbal ausgedrückte Nähe wird von nonverbal, körperlich ausgedrückter Distanz begleitet. Auch wenn unser Verstand das „weiß“ wenn wir die Regeln befolgen, ist das für unser Nervensystem ein Stressfaktor. Denn wir lesen die Mimik unserer Mitmenschen um uns im Kontakt zu orientieren: „Mit wem habe ich es zu tun?“ Wir sind auf klare Wahrnehmung angewiesen um uns körperlich und seelisch wohl zu fühlen. Doublebind-Botschaften sind nicht nur für uns persönlich sondern für die ganze Gesellschaft verheerend.
Absender von Doublebind Botschaften stellen sich gerne als besonders großmütig, liebevoll und nur auf das Wohlergehen der anderen ausgerichtet dar. „Ich tue das doch nur für dich/euch….“ Dazu kommt häufig noch das Verbot ein bestimmtes Thema überhaupt anzusprechen. Jedes Mal, wenn Empfänger von Doublebinds versuchen die Situation zu entwirren, versichert man ihnen, sie irrten sich in ihrer Wahrnehmung und man wolle ja „nur ihr Bestes“.
Damit wächst die Verwirrung! Doublebinds traumatisieren, weil die Empfänger keine Möglichkeit haben, Klarheit über sich und ihre Wahrnehmungen zu erlangen. Doublebind-Botschaften erzeugen tiefe Gräben in zwischenmenschlichen Beziehungen und die in Corona-Zeiten so gerne beschworene „Solidarität“ wird brüchig wenn Menschen sich gegenseitig misstrauisch beobachten, beschimpfen oder gar denunzieren wenn sich jemand nicht an die Regeln hält.
Seit Monaten werden wir in den Medien überflutet mit beängstigenden Nachrichten und laufen Gefahr immer mehr aus der Balance zu geraten. Unabhängig davon, ob wir etwas bedrohliches real erleben oder es in Form von Bildern und Nachrichten sehen und hören, unser menschliches Nervensystem reagiert mit den gleichen uralten Reflexen wie sie auch jedes Säugetier bei Bedrohung hat. Es versucht sich zu orientieren: „Wo ist die Gefahr?“ „ Kann ich mich gegen die Gefahr verteidigen?“ „Kann ich flüchten?“ Wenn keine dieser Optionen möglich ist (außer natürlich das Gerät abzuschalten oder die Zeitung wegzulegen und auf weitere Nachrichten zu verzichten) dann bleibt nur der „innere Shutdown“: Das Verharren in einer Position der Ohnmacht, verbunden mit der Hoffnung, dass die Gefahr irgendwann vorübergeht. Übertragen auf die Coronazeit bedeutet das, je öfter wir diese mediale Überflutung über uns ergehen lassen, umso schwieriger wird es der (irrationalen) Angst etwas entgegen zu setzen.